01.10.2017

"Oh, wie schön ist Jamaika!"

Uwe Heimowski, Politikbeauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz, zieht Schlussfolgerungen nach der Bundestagswahl: Was ich bei Plasberg, Will oder Illner als Botschaft gern loswerden würde ... (EiNS-Ausgabe 4/2017)

Verantwortung bedeutet: Man macht sich nicht vom Acker. Der Wähler wählt, und damit bestimmt er, wie die Mehrheitsverhältnisse aussehen. Und wer entsprechend eine Regierung bilden soll. Wenn die SPD nicht will (weil sie ja nicht zu Unrecht feststellt, dass die „GroKo“ abgewählt wurde, und sie sich in der Opposition neu erfinden möchte), dann muss der „Wahlsieger“, die (wenn auch abgestrafte, so doch als deutlich stärkste Partei aus der Wahl hervorgegangene) CDU, sich neue Partner suchen. Die findet sie aktuell nur in „Jamaika“.

Keine Regierung geht nicht. Christen wissen: „Obrigkeit“ ist von Gott eingesetzt, um Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Neuwahlen müssen die Ultima Ratio sein, sonst kommt man vor lauter Wahlkampf nicht zum Regieren. Also: Die CDU/CSU-FDP-GrünenKoalition muss sein. Und zwar möglichst bald. Auf der Welt ist zu viel im Umbruch, als dass wir uns entspannt zurücklehnen oder einzelne Parteien auf Maximalpositionen beharren könnten.

Auch wir Christen müssen damit rechnen: Ein Koalitionsvertrag ist immer ein Kompromisspapier, in dem jeder Zugeständnisse machen muss. Um wieviel mehr, wenn es nicht mehr zwei, sondern drei, ja vier sehr unterschiedliche Parteien sind, die sich einigen müssen. Wir haben schon vor der Wahl erlebt: Ohne die „Ehe für alle“ hätte es niemanden gegeben, der mit der CDU regieren wollte. Da war eine dicke Kröte zu schlucken. Und wir haben als Evangelische Allianz klar gesagt, was wir davon halten.

Kompromisse – kein Wischiwaschi

Aber – ob mir das nun gerade gefällt oder nicht – so funktioniert Demokratie: Parteien müssen Mehrheiten finden, kein demokratisch legitimierter Verantwortungsträger kann auf Dauer gegen das eigene Volk regieren. Und dieses Volk hat gewählt. Und damit einen Auftrag erteilt, zu verhandeln. Dabei wird es Kompromisse geben müssen.

Aber hoffentlich kein Wischiwaschi. Wir brauchen Antworten auf dringende Fragen: Wie kann die Flüchtlingskrise nach innen und außen gelöst werden? Wie können Integration beschleunigt und Fluchtursachen wirksam bekämpft werden? Wie sollen die Lücken bei der Bildung, bei der Rente, beim Wohnungsbau, beim Fachkräftebedarf, bei der inneren Sicherheit, bei der Abwanderung in vielen Gebieten (nicht nur im Osten Deutschlands), bei der Unterfinanzierung klammer Kommunen geschlossen werden? Wie kann Religionsfreiheit gewährleistet, aber dem (vor allem islamistischen) Extremismus vorgebeugt werden? Wie bekommen wir Wirtschaftsentwicklung und Umweltschutz unter einen Hut? Wie halten wir unsere Marktwirtschaft sozial und den Sozialstaat am (Welt-)Markt im Wettbewerb? Was kann Deutschland beitragen zur Stabilität in Europa, zur Lösung von Konflikten in der Welt? Zu Gerechtigkeit und Frieden? Wie schützen wir die Würde von Menschen? Von Ungeborenen, die entweder nicht ins Schema (Behinderung) oder in den Lebensentwurf ihrer Eltern passen? Von Frauen, die wie Vieh gehandelt (Zwangsprostituierte) oder wie Mietobjekte benutzt werden (Leihmütter)? Von Juden, von Schwarzen, von all denjenigen, die nicht ins Schema passen? Fragen über Fragen.

Wer die Wahlprogramme von CDU/CSU, FDP und Grünen nebeneinander legt, wird viele Unterschiede finden. Aber unvereinbar scheinen sie nicht. Sie könnten sich ergänzen zu einem Programm, das uns gut tut. Das hoffe ich zumindest.

Die in der letzten Legislatur fast nicht mehr vorhandene, nun erstarkte Opposition wird Druck machen, von rechts und links. Auch das war der Wille der Wähler. Als Christen nehmen wir ihn aus Gottes Hand. 

Uwe Heimowski