01.07.2018

(M)eine Reise durch die Allianz-Welt

Michael Eggert, neues Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand, zu Besuch bei Allianz-Leuten in Deutschland (Teil 3)

Hannover – Hamburg – Wismar – und noch einmal Berlin

Mitte November besuche ich Johannes Justus, Präses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden, in Hannover. Sein Gemeindezentrum ist modern und für die Selbständigkeit aller Arbeitsbereiche konzipiert. Johannes fragt zuerst nach der Vision, dann versucht er ein Projekt; wenn es ein Jahr gut läuft, verlängert er es um ein Jahr; wächst es weiter, unterstützt er es längerfristig.

Auf den Weg nach Hamburg nehme ich Lena aus dem Ruhrgebiet mit. Sie hat wenig Berührung mit Kirche gehabt und erzählt vom Religionsunterricht. Kurz vor ihrem Ziel in Hamburg höre ich mich fragen, ob ich für sie beten darf. Gern! Später sende ich ihr noch eine Bibel zu.

Matthias C. Wolff leitet die Elimgemeinde Mundsburg, die zwei Tochtergemeinden gegründet hat. Er ist Vorsitzender der Evangelischen Allianz Hamburg, des Netzwerkes „Gemeinsam für Hamburg“ und Dozent am Theologischen Seminar Beröa. Beim Tee in seinem Büro erfahre ich vom stadtweiten Portal für verschiedene Glaubenskurse in Hamburg. Man weiß voneinander und findet darüber auch das Passende für sich! Genial! Abends bin ich bei Reinhard Spincke. Er arbeitet als Bundessekretär der FeG in Norddeutschland und als Vorstandsvorsitzender der „Elim“-Diakonie-Stiftung. Wir sprechen über Ortsallianzen und ich erfahre, dass er und seine Frau sehr kulturinteressiert sind; Reinhard ist außerdem bekannt für seine ausgewogenen politischen Kommentare.

Am nächsten Morgen öffnet mir Regina Gaßmann die Tür zur Christus-Gemeinde Barmbek-Nord (Mülheimer Verband). Sie ist einzige Angestellte ihrer Gemeinde – was mich sehr an mein Dorfpfarramt erinnert. Aber mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern und großem Allianzherz schafft es die leidenschaftliche Netzwerkerin sichtbar Reich Gottes zu bauen.

Auf dem Weg nach Wismar habe ich später einen Mitfahrer indischer Nationalität. Bald erfahre ich: Jithin ist begeisterter Jesusnachfolger und in einer Gegend ohne Christenverfolgung aufgewachsen. Er studiert in Wismar und Hamburg, wo er zu einer Jugendkirche gehört. Er predigte auf der Straße in Berlin, wo etliche Menschen stehenblieben – und wundert sich, dass dies in Hamburg nicht der Fall ist. Vorsichtig erkläre ich ihm Mentalitäten und Kirchen hierzulande und ermutige ihn, weiterzumachen. In Wismar beten wir für seinen weiteren Weg.

Frieder Weinhold ist Vorsitzender des Christlichen Hilfsvereins Wismar für Albanien. Mittags in einer alten Fabrikhalle lerne ich gleich auch den Pastor kennen, mit dem er in Albanien kooperiert. Eine Gruppe ehrenamtlicher Helfer ist mit Packen beschäftigt. Hier lebt Frieder auf. Er ist politisch aktiv und kommunal gut vernetzt. Nach dem Essen fahren wir in seinem Transporter zum Vereinshaus. Dort warten weitere Päckchen darauf, gepackt und verladen zu werden. Es ist mir eine Ehre, mit zuzupacken, bevor wir uns verabschieden. Ein wenig fühle ich mich als Teil des Christlichen Hilfsvereins.

Auf der Rückfahrt treffe ich in Berlin Stefanie Linner, die Koordinatorin der Micha-Initiative Deutschland. Sie erzählt, dass ihre Arbeit ihre persönliche Mission, ihre Berufung trifft. Diese Gnade spüre ich. Ihr ist wichtig, Menschen ins Gespräch zu bringen. Wir sprechen über Schule, wie Kinder und Jugendliche heute lernen und ticken, über das Verhalten von Eltern und darüber, wie die Begriffe Gehorsam und Unterordnung biblisch gedacht sind und positiv gefüllt werden können.

Als ich mich von ihr, dem jüngsten Hauptvorstandsmitglied, verabschiede, steigt am Hauptbahnhof ein junger Mann ein, der bis Weimar mitfährt („BlaBlaCar“ ist mir zu einer guten Möglichkeit zum persönlichen Zeugnis, ein Geschenk des Himmels geworden). Er hat wenig Berührung mit dem Glauben gehabt, war aber mal in einer Dorfgemeinde, in der ich auch schon gepredigt habe. Er zitiert einen Satz: „Wenn Jesus wirklich hier wäre, würde ich mich fürchten.“ Das macht mich nachdenklich. Aber es öffnet die Tür, ihm zu erzählen, dass für mich das Gegenteil Realität ist.

Wetzlar 2.0

Zwei Wochen später, Termin bei Helmut Matthies in Wetzlar, dem dienstältesten Mitglied des Hauptvorstands. Beim Gespräch über den jüngst gestrichenen EKD–Zuschuss für die Nachrichtenagentur idea – nach seiner Wahrnehmung hat sich die EKD von den Konservativen gelöst – erzählt er mir, wie ein Oberkirchenrat sich für sein Zweites Theologisches Examen und seine Ordination einsetzte, obwohl dieser idea kritisch gegenüberstand. Er wollte die Breite und Vielfalt in der Kirche fördern. So etwas wäre heute nicht mehr möglich, meint Matthies.

Danach fahre ich zu Jürgen Werth, dem früheren Allianzvorsitzenden und Vorstandsvorsitzenden von ERF Medien, der – typisch Wegbereiter – in seinem Garten gerade einen grasüberwachsenen Weg freilegt. Er kocht uns einen herben Tee, den wir in bequemen Sesseln genießen. Wir sind in vielen Fragen auf einer Wellenlänge: Er ist ein Mensch, der vom Herzen her denkt. Wir reden über die Arbeit im Geschäftsführenden Vorstand, den er als Vorsitzender selbst einmal geleitet hat. Und wir sprechen über das Thema „Wie gestalte ich mein Alter?“ Er sagt: „Am Ende des Lebens geht man langsam wieder aus der Öffentlichkeit zurück. Dies gestalten zu können, ist eine große Lebensaufgabe. Es bedarf einer geistlichen Reife, die eigene Identität nicht an Leistung und Funktionen festzumachen.“ Jürgen hat ein Buch darüber geschrieben, das er mir schenkt. Außerdem ist er momentan zu Predigten, Konzerten und Vorträgen unterwegs, oft im Erzgebirge.

Im Anschluss an eine Sitzung in Kassel besuche ich in Hannoversch Münden Henning Dobers, den Vorsitzenden der Geistlichen Gemeindeerneuerung (GGE) in der Evangelischen Kirche. Als Pfarrer der evangelischen Kirche hat Henning im Moment eine besondere Anstellungsform. Er ist mit Vakanzvertretung in seiner Kirche beauftragt. Viele Kirchenmitglieder, beobachtet er, fragen wieder nach konservativen Traditionen. Und die Strukturveränderungen in seiner Region, verbunden mit Kürzung und Zusammenlegung von Pfarrstellen, haben auch einen Gegeneffekt: zurück zu den Wurzeln des Glaubens.

Etwa 10.000 Menschen in Deutschland zählen sich derzeit zu den Freunden der Geistlichen Gemeindeerneuerung, die das Wirken des Heiligen Geistes für den Aufbau der Kirche wiederentdecken und seine Gaben praktizieren möchte. Die GGE versucht, eine Struktur von Regionalgruppen aufzubauen, die den Bundesländern entsprechen. Henning ist als Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz bei der ACK vertreten und besucht zweimal jährlich die Sitzungen. Die Kontakte und diese Arbeitsebene sind ihm wichtig.

Im Anschluss an den Willow Creek Kongress in Dortmund besuche ich unseren Allianzvorsitzenden Ekkehart Vetter. Bei ihm und seiner Frau Sabine spüre ich sofort eine oft praktizierte Gastfreundschaft. Sie erzählen von ihren sechs Kindern, die zum Teil ihren Weg auf anderen Kontinenten gehen. Ekkehart und ich sehen uns relativ oft zu Sitzungen, aber bei einem Hausbesuch lernt man jemanden erst richtig kennen. Gerade weil wir zusammen arbeiten, merke ich, wie wichtig mir dieser „Privat“-Besuch ist. Am nächsten Morgen nehme ich am Gottesdienst seiner Gemeinde teil, der Muttergemeinde des Mülheimer Verbandes, wo ich mich willkommen geheißen und auch nach dem Gottesdienst sofort als Teil der sehr gastfreundlichen Gemeinde fühle. Ekkehart schenkt mir zum Abschied sein Buch, das er zum 100-jährigen Jubiläum seines Gemeindeverbandes verfasst hat: „Jahrhundertbilanz – erweckungsfasziniert und durststreckenerprobt“. Ein Stück neuere Kirchengeschichte.

Die Linie führte auch schon früher durch Ernst Modersohn nach Bad Blankenburg. Interessant und lesenswert! 

Michael Eggert ist Gemeindepfarrer in Weimar. In EiNS 4/18 folgt Fortsetzung und Abschluss seiner Allianz-Reise.