Einmal Indonesien und zurück

Was uns von der Vollversammlung der Weltweiten Evangelischen Allianz bewegt

Wenn über 800 Menschen aus 92 ganz unterschiedlich geprägten Nationen an einem Ort zusammentreffen, ist da-mit zu rechnen, dass es ein spektakuläres Großevent wird. Und so war es dann tatsächlich auch bei der „General Assembly“ der Welt-Allianz, der „World Evangelical Alliance“ (WEA): Ein riesiges Konferenzzentrum in Bogor, südlich der indonesischen Hauptstadt und 30-Millionen-Metropole Jakarta, war vom 7. bis 12. November 2019 Ort des Geschehens und Raum der Begegnung. Unter dem Motto „Dein Reich komme“ – angelehnt an die Bitte aus dem Vaterunser – sind wir aus allen Himmelsrichtungen zusammengekommen, mit dem Ziel, gemeinsam darüber nachzudenken und zu planen, wie der Auftrag Jesu, „alle Völker zu Jüngern“ zu machen, in der nächsten Dekade mit Leben gefüllt werden kann.

Mitten in dieser Vollversammlung des weltweiten evangelikalen Netzwerks, das mittlerweile 130 nationale Evangelische Allianzen miteinander verbindet, hatten wir – als jüngste Mitglieder des Hauptvorstands der Deutschen Evangelischen Allianz – das Privileg, Teil der Delegation der Evangelischen Allianz in Deutschland zu sein. Dabei könnten unsere Vorerfahrungen und Wegführungen hin zu unseren Berufungen in den Hauptvorstand kaum unterschiedlicher sein: Johannes ist quasi in der evangelikalen Welt groß ge-worden und seit Kindertagen mit der Evangelischen Allianz verbunden. Stefanie ist ursprünglich katholisch getauft, hatte aber in Jugendjahren eine bewusste Entscheidung gegen den Glauben getroffen. Mit 22 Jahren erlebte sie dann in Neuseeland eine solch einschneidende Begegnung mit Gott, dass sie sich ganz bewusst für ein Leben mit Jesus entschied.

Wir sind beide beruflich und ehrenamtlich stark eingebunden und hatten so im Vorfeld nur wenig Zeit, uns innerlich auf die Reise vorzubereiten und bestimmte Erwartungen an die Zeit zu sammeln oder festzuschreiben. Doch genau das haben wir als große Chance wahrgenommen – denn auf diese Weise hat-ten wir die Gelegenheit, uns unmittelbar auf das einzulassen, was vor Ort passiert ist, wir konnten sehr bewusst wahrnehmen, zuhören und mitreden.

Was uns begegnete, bewegte uns

Wir wollen an einigen Akzenten deutlich machen, was wir meinen.

Da war zunächst die Gegensätzlichkeit des Landes – bittere Armut neben unvorstellbarem Reichtum; hier noch Wolkenkratzer und dort schon beschauliches Dorfleben in wunder-vollster Naturumgebung – natürlich erst, nachdem wir uns durch den Stau oder treffender: den Verkehrsinfarkt gekämpft hatten.

Da war die liebevoll-großherzige Gastfreundschaft der Menschen vor Ort, die uns die ganze Zeit begleitete und bisweilen sogar beschämte.

Da waren die täglichen Andachten von C. B. Samuel, einem indischen Pastor, der uns heraus-forderte, das Reich Gottes neu von der Bibel her mit Gottes Augen zu sehen, indem er uns hinter-fragte, ob unser Charakter durch Gott geprägt ist; ermahnte, uns gerade denen zu widmen, die am Rand der Gesellschaft stehen und an den Enden des Lebens – in Jugend wie im Alter – Hilfe dringend brauchen; aufforderte, Verantwortung zu übernehmen in unserer Gesellschaft ermutigte, Gottes Hoffnung in diese Welt zu bringen; und schließlich aufrief, die Bitte aus dem Vaterunser „Dein Reich komme“ nicht als etwas Entferntes in der Zukunft zu betrachten, sondern den Beginn von Gottes Reich mitten in dieser Welt wahrzunehmen und mit diesem Fokus zu beten.

Da waren Vorträge, in denen die Referenten eindringlich versucht haben, auszuloten, was uns als Gesellschaft in den nächsten Jahren beschäftigen wird; wie wir als Christen diese Entwicklungen aktiv gestalten können und wo es schon positive Beispiele und Vorbilder gibt.

Da waren Workshops, in denen diese Themen praktisch vertieft – und Pläne geschmiedet – werden konnten: wie wir zum Beispiel weltweit Gottes Schöpfung bewahren und mit dem Klimawandel verantwortlich umgehen können.

Da waren Lobpreis- und Gebetszeiten, in denen wir erleben durften, wie Menschen aus ganz unterschiedlichen Nationen mit verschiedenen Sprachen, Herkünften und Lebenssituationen Gott alle gemeinsam angebetet haben und eins geworden sind im Gebet. Da war Raum für den Heiligen Geist, der sanft, aber bestimmt redete und mehrfach (ohne dass die Veranstalter das hätten plant können) deutlich machte, dass Gemeinde Gottes aus allen Generationen besteht. Berührend war für uns, wie dieses Reden aufgegriffen wurde: beispielsweise in einer persönlichen Segnung von uns Unter-vierzig-jährigen Leiterinnen und Leitern durch die ältere Generation; oder dem Auf-greifen des Rufs einer jungen Sängerin nach einem Dienst am Reich Gottes quer durch alle Generationen durch ein freisetzendes Gebet unseres Generalsekretärs Reinhardt Schink.

Und da waren die vielen persönlichen Begegnungen mit Christen, ihren Geschichten, ihren so unterschiedlichen Herausforderungen und Meinungen. In ihnen allen wurde uns die Vielfalt und Schönheit der weltumspannenden Gemeinde – und Gemeinschaft – von Christen ganz plastisch vor Augen ge-führt. Und wir haben erlebt, dass wir als Fremde kamen und als Freunde gingen.Die Reise beginntDiese Zeit in Jakarta hat in wirklich jeglicher Hinsicht einen Abdruck bei uns hinterlassen. Nach einer intensiven Woche sind wir wieder zurück in Deutschland – mit einem riesigen Koffer voller Eindrücke und Erfahrungen, die es nun zu sortieren gilt. Was ist wichtig und was ist dran in Deutschland? Wir beten, fragen und gehen weiter. Ein Abschluss dieser Reise ist darum noch nicht wirklich in Sicht – sie beginnt gerade erst. 

Zu den Autoren

Stefanie Linner (Berlin) ist hauptamtliche Koordinatorin von Micha Deutschland.

Johannes Schmidt arbeitet als Diplom-Verwaltungswirt im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Bonn.