Warum die Bibel (tatsächlich) die Heilige Schrift ist

Grundsatzgedanken über Gottes Reden zu uns

Als „heilig“ bezeichnen wir das, was von Gott kommt. Die Eigenschaft beinhaltet gleichzeitig Exklusivität. Weil das Heilige seinen Ursprung in Gott hat, darum ist es von allem anderen zu unterscheiden. Es ist von einer einzigartigen Bedeutung und von einer besonderen, nämlich göttlichen Autorität. In diesem Sinne bezeichnen Christen die Bibel als „Heilige Schrift“.

Denn Gott ist der Autor der Bibel. Er hat die menschlichen Verfasser der einzelnen Schriften durch seinen Geist geleitet (2. Timotheus 3, 16). Wir nennen das Inspiration. Nicht der Vorgang der Inspiration wird in der Bibel erläutert, sondern nur die Tatsache der göttlichen Eingebung festgehalten.

Christen verstehen die Bibel als „Gottes Wort“ und erklä- ren immer wieder, dass Gott durch dieses Buch zu ihnen spricht. Damit ist nicht nur gemeint, dass die Bibel den Ausgangspunkt der christlichen Lehre darstellt, sondern dass wir hier ganz grundsätzlich Gottes Reden zu uns in einer autoritativen Weise vorfinden. Wer sich den Aussagen der Bibel aussetzt, taucht ein in die Gedankenwelt Gottes. Hier finden wir seine Meinung und seine Absichten dokumentiert. Gott legt sich fest. Er gibt es uns schriftlich.

Das ist einerseits extrem aufregend. Andererseits behaupten das auch andere Religionen von ihren schriftlichen Dokumenten.

Worin bestehen also die Alleinstellungsmerkmale der Bibel? Was zeichnet die Bibel aus, auch im Vergleich zu anderen religiösen Schriften? Woran ist erkennbar, dass die Bibel wirklich Gottes Wort an uns, darum auch Heilige Schrift ist? Gibt es Argumente, die die Exklusivität der Bibel in dieser Hinsicht unterstützen?

Es ist nicht zu übersehen, dass viele Menschen die Bibel nicht in dem oben beschriebenen Sinne verstehen. Für viele ist sie nur ein besseres Märchenbuch: Die in ihr enthaltene Ansammlung von Mythen könne uns vielleicht auch heute noch etwas sagen, doch ein Großteil ihrer Aussagen erscheine altmodisch und sei heute nicht mehr relevant, meinen sie. Die Bibel wird als Kulturgut hochgehalten, aber nicht mehr als Offenbarung, d.h. als Selbstmitteilung Gottes ernstgenommen.

Als Begründung für diese skeptische Grundeinstellung erfolgt in der Regel der Hinweis auf die vielen Widersprüche in der Bibel. Diese Vorbehalte werden selten mit wirklicher Sachkritik begründet, sondern eher durch Vorurteile genährt. Und so sind Vermutungen und falsche Behauptungen über die Bibel im Umlauf, die viele Menschen davon abhalten, sich wirklich mit der Bibel auseinanderzusetzen.

Weil sich viele die Bibel madig machen lassen, noch bevor sie diese selbst gelesen haben, möchte ich einige Indizien nennen, die den heiligen, d.h. göttlichen Charakter der Bibel verdeutlichen.

1. Die Besonderheit ihrer Entstehung und Einheit

Die Bibel ist eine Bibliothek von 66 Büchern, die sich aufeinander beziehen, aber in einem Zeitraum von mindestens 1.500 Jahren entstanden sind. Normalerweise entsteht ein solches Werk, indem man Material sammelt, das Thema gliedert, die Texte schreibt und so ein harmonisches Ganzes entwickelt. Wenn ein Buch mehrere Autoren hat, müssten normalerweise in einem gemeinsamen Redaktionsprozess die Aufgaben, der Stoff und die Inhalte sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, um ein zusammenpassendes Ergebnis zu erreichen. 

Bei der Bibel waren mehr als 40 Schreiber am Werk, die sich bis auf einige Ausnahmen nicht kannten. Dies war zum Teil auch unmöglich, da sie ihre Bücher in unterschiedlichen Geschichtsepochen schrieben. Dazu stammten die beteiligten Personen aus verschiedenen Kulturen und sozialen Milieus. Es gab krasse Gegensätze in ihrem Bildungsniveau und Charakter. Und es handelte sich um Vertreter aus sehr unterschiedlichen Berufen: Politiker, Soldat, König, Fischer, Arzt, Zollbeamter, Hirte, Gelehrter, Richter, Bauer und Priester.

Auch die Abfassungsorte und Lebensverhältnisse wichen stark voneinander ab: Der eine schrieb in einem Palast, ein anderer in einer Wüste, ein dritter im Gefängnis.

Doch obwohl die Bibel eine so lange Entstehungsgeschichte hatte und ihre menschlichen Verfasser aus so unterschiedlichen Hintergründen kamen, bildet sie eine organische Einheit. Die Schreiber konnten sich nicht absprechen – dennoch zieht sich ein roter Faden vom ersten bis zum letzten Buch durch die ganze Bibel. Trotz unterschiedlicher Stile und Literaturgattungen, trotz verschiedener Entstehungszeiten, trotz der verschiedenen Bildungsgrade und Lebensumstände der Verfasser, trotz verschiedener Entstehungsorte und verschiedener kultureller Hintergründe – und nicht zuletzt auch trotz verschiedener Charaktere und Gemütsverfassungen der Schreiber – bildet die Bibel ein stimmiges Gesamtkunstwerk.

Diese Homogenität ist ein Hinweis darauf, dass Gott selbst der eigentliche Autor dieses Buches ist.

2. Die Besonderheit ihrer Überlieferung und Textgenauigkeit

Oft taucht die Frage auf: Woher wissen wir, dass wir heute den Bibeltext vorliegen haben, der vor zwei oder drei Jahrtausenden niedergeschrieben wurde?

Bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst erfolgte die Überlieferung handschriftlich. Bei klassischen Texten aus dem Altertum ist es schon erstaunlich viel, wenn ein Dutzend solcher Handschriften vorhanden ist. Vom Neuen Testament (NT) kennen wir aber Tausende von kompletten Handschriften. Dazu kommen sehr viele Fragmente und Übersetzungen von Handschriften in andere Sprachen.

Das Alte Testament ist zwar quantitativ nicht so gut bezeugt wie das NT. Aber innerhalb des Judentums wurde die Genauigkeit der handschriftlichen Textüberlieferung so genau kontrolliert, dass die Übertragungsqualität bis in die Gegenwart hinein nachprüfbar ist. Der Vergleich zwischen immer wieder neu entdeckten alten Schriftstücken und den heute vorliegenden Bibeltexten lässt stets eine große Übereinstimmung erkennen.

Mindestens 98% des biblischen Textbestandes ist durch sehr alte Urkunden abgedeckt. Das kann von keinem anderen Werk des Altertums gesagt werden. Selbst viele Schriften aus neuerer Zeit, wie die literarischen Werke von William Shakespeare, sind nicht so gut belegt wie das Neue Testament.

3. Die Besonderheit ihrer Verbreitung und Wirkungsgeschichte

Die Bibel wurde und wird überall gelesen. In allen Gesellschaftsschichten und Kulturen. Es ist das meist übersetzte, meist gedruckte und meist verkaufte Buch der Welt.

Diese Verbreitung ist deswegen so erstaunlich, weil die Bibel wie kein anderes Buch der Weltgeschichte diskriminiert und bekämpft wurde. In vielen Staaten der Erde wurde sie verboten, vor allem in kommunistischen oder islamischen Ländern. Die Bibel war immer heftigsten Angriffen der Bibelkritik, des Unglaubens und Spotts ausgesetzt.

Trotzdem war die Verbreitung der Bibel nicht zu stoppen. Allen Bibelverboten und aller sogenannten wissenschaftlichen Kritik zum Trotz konnte sie nicht ausgerottet werden.

Und dort, wo die Bibel Akzeptanz und Verbreitung erfahren hat, entfaltete sie oft eine tiefgehende und nachhaltige Wirkungsgeschichte. An dieser Stelle könnte breit dargestellt werden, wie stark ihr Einfluss auf die Weltliteratur und damit auf die gesamte Sprach- und Kulturgeschichte war. Besonders erwähnenswert ist, dass die in der Bibel vermittelten moralischen Maßstäbe von elementarer Bedeutung für die Ethik und das Rechtsempfinden ganzer Völker und Kulturen wurde. Und dort, wo die Bibel nicht nur theoretisch anerkannt, sondern auch tatsächlich geglaubt und praktisch nachvollzogen wurde, ergaben sich existentielle Veränderungen im Leben Einzelner und im Leben ganzer Völker.

Bis heute ist die Bibel das meist gehasste, aber auch das meist geliebte Buch der Literaturgeschichte. Obwohl sie Jahrtausende alt ist, wird sie bis in die Gegenwart hinein mit Interesse gelesen, studiert und befolgt. Seit Jahrhunderten finden Menschen aus allen Milieus in der Bibel Hilfe und Ermutigung für ihr Leben.

4. Die Besonderheit ihres Inhalts und ihrer Zielsetzung

Wir finden in der Bibel alle möglichen Formen der Literatur: Historische Berichterstattung, biografische Darstellungen, Gedichte, Briefe, Chroniken, Gebete, prophetische Visionen und lehrhafte Ausführungen.

Inhaltlich werden zu einer Vielzahl von Sachgebieten Aussagen gemacht, und zwar oft lange bevor diese Themen und Wissensgebiete für Menschen relevant wurden. Die biblischen Texte beinhalten wissenswerte Informationen, die für den Menschen und sein Leben eine bleibende Aktualität besitzen.

Der eigentliche und wichtigste Informationsgehalt der Bibel ist aber Gottes Liebe zu den Menschen und sein Rettungsangebot für uns. Besonders Jesus Christus ist der Inhalt der Bibel. Denn in seiner Person, in seinem Leben und Wirken kommt uns Gott entgegen. Er möchte in Beziehung zu uns treten. Wenn dieses Angebot „durch den Glauben an Jesus Christus“ in Anspruch genommen wird, dann ereignet sich Rettung (2. Timotheus 3, 14). Die Bibel verfolgt nicht die Vermittlung einer Religionsphilosophie, sondern es geht um den Beginn einer Beziehung zu Jesus. Wenn diese Beziehung nicht zustande kommt, dann erreicht die Bibel nicht ihr Ziel. Das kann – so macht es Jesus gegenüber den Theologen in seiner Zeit deutlich (Johannes 5, 39-40) – selbst bei einem intensiven Studium der Bibel die Gefahr sein.

5. Die Besonderheit der göttlichen Bestätigung

Jesus Christus wurde von seinen Zeitgenossen einmal die Frage gestellt, ob er wirklich in göttlicher Autorität auftritt und lehrt. In seiner Antwort erklärte Jesus, dass niemand ohne eine göttliche Bestätigung an ihn glauben müsse: „Wenn jemand bereit ist, Gottes Willen zu erfüllen, wird er erkennen, ob das, was ich lehre, von Gott ist oder ob ich aus mir selbst heraus rede“ (Johannes 7, 17).

Persönliche Gewissheit im Bick auf den besonderen Charakter der Bibel entsteht, indem wir von Gott selbst auf eine unverwechselbare Weise bestätigt bekommen, dass sie die Heilige Schrift ist und dass er durch sie zu uns redet. Der Reformator Johannes Calvin bezeichnete diese Erfahrung als „das Zeugnis des Heiligen Geistes im Herzen“ des Lesers.

Eine solche Beglaubigung des göttlichen Charakters der Bibel in unserem Herzen ist möglich, weil der Autor dieses Buches lebt und das Lesen seines Wortes immer wieder zu einem lebendigen und intensiven Rendezvous mit ihm werden lässt. Auf diesem Weg kann und muss jeder persönlich herauszufinden, von welch einzigartiger Bedeutung die Bibel ist.

Wenn wir an einen ewigen, allmächtigen und persönlichen Gott glauben und davon überzeugt sind, dass dieser Gott sich in der Bibel auf eine verbindliche und zeitlos gültige Weise mitgeteilt hat, dann gibt es kein Buch auf der Welt, das von größerer Bedeutung sein kann als die Bibel. Dann ist sie tatsächlich – die Heilige Schrift. 

Zum Autor

Andreas Klotz ist Generalsekretär des Bibellesebundes und Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz