Als Pilger und Fremde unterwegs

Eine Einführung in die Internationale Gebetswoche der Evangelischen Allianz

Während ich dieses Vorwort im vergangenen Juli verfasste, lernte ich über 30 junge Christen kennen. Sie standen in den Startlöchern für ein einjähriges Auslandsjahr. Jeder erzählte, wie Gott ihn oder sie zu diesem Einsatz geführt hatte. Das war spannend. Allen spürte man ab, dass es nicht Abenteuerlust war, in ein fremdes Land zu gehen, sondern das brennende Verlangen, Jesus Christus zur Verfügung zu stehen und sich auf den Weg zu machen in eine fremde Kultur. Eine Frau erzählte, dass sie überall hin wollte, nur nicht nach Frankreich. Doch Gott hatte ihr deutlich gemacht, dass er sie in Nizza unter Flüchtlingen gebrauchen könne. Eine andere berichtete, dass Jesus sie nach Indien führt. In ihrer Umgebung gab es manche Widerstände, da sie sich in ein Land begibt, in dem die Religionsfreiheit eingeschränkt ist. Doch sie setzt ihr Vertrauen auf Jesus. Ein Mann erzählte, dass er nach Kreta gehen wird, um dort unter bulgarischen Gastarbeitern zu arbeiten.

Bevor die Nachfolger von Jesus in Antiochien Christen genannt wurden, bezeichnete man sie als „die des Weges sind“. Diejenigen, die in der Nachfolge von Jesus stehen, sind „als Pilger und Fremde unterwegs“. Sie sind unterwegs, um die beste Nachricht der Welt (Joh 3,16) bekannt zu machen. Paulus wollte gegen Ende seiner Reisen nach Spanien gelangen. Deswegen schreibt er an die Christen in Rom, um die dortige Gemeinde für seinen Missionsdienst in Spanien zu mobilisieren – in Bewegung zu setzen. Für diesen Dienst brauchte er vor allem Beter (Röm 15,30). Aus Spanien kommt in diesem Jahr die Vorlage für die Allianzgebetswoche 2018. Die Geschwister der Evangelischen Allianz dort haben das Thema und die Personen vorgeschlagen, die wir nun europaweit in dieser Gebetswoche aufnehmen.

Glaubensvorbilder auf dem Weg

Frauen und Männer der Bibel, die uns auf dem Weg des Glaubens Vorbild und Mahnung sein wollen, begleiten uns. Sie haben in Kauf genommen, als Fremde zu leben. So wie Jesus Christus in seine Welt als Fremder kam. Manche machten sich freiwillig auf den Weg, andere wurden durch Umstände oder äußeren Druck zur Flucht gezwungen. Die Lebensgeschichten der Gebetswoche umfassen oft mehrere Kapitel in den biblischen Büchern. Auf Wunsch vieler haben wir wesentliche Textausschnitte wieder abgedruckt. In der Vorbereitung  hilft es sicher, die Gesamttexte zu lesen.

Der Dank an Gott wird sich in dieser Woche vor allem darin ausdrücken, dass wir solche Glaubensvorbilder haben. Hätte sich nicht Paulus auf den Weg nach Europa gemacht, so hätten wir die befreiende Botschaft von Christus nicht annehmen können.

Die Buße wird in dieser Woche auch ihren Raum finden. Wo bin ich träge geworden und nicht bereit, mich aus meiner Komfortzone zu bewegen? Wo stehe ich in der Gefahr, das Ziel der Reise aus den Augen zu verlieren? Die Fürbitte gilt denen, die als Pilger und Fremde unterwegs sind: Missionare, Christen auf der Flucht und in Verfolgung. Und durch die politischen Entwicklungen werden auch in Europa Christen zunehmend als Fremdkörper wahrgenommen. Jose Hunter aus Spanien schreibt in seinem Vorwort zur Allianzgebetswoche: „Der Christ kann aufgrund seiner abweichenden Werteorientierungen verfolgt werden. Nicht jeder wird diesem Standpunkt zustimmen. Fakt ist, dass viele Menschen und Regierungen den Glauben an Jesus Christus als eine Bedrohung sehen. Sie erkennen instinktiv, dass Jesus Christus Herr ist und dass er seinen Ruhm mit niemandem teilen wird. Manchmal bedeutet das, dass wir Jesus mehr gehorchen müssen als den Menschen. Und das kann auch zu Verfolgung führen, manchmal sogar zum Tod.“

 

 
Konkret beten

Lassen Sie uns bewusst nicht allgemein, sondern persönlich und namentlich für diese Menschen im Gebet eintreten. Für diejenigen, die einen Abend vorbereiten, bedeutet es, konkrete Anliegen und Namen zu sammeln. Das mag mühevoll sein. Doch gerade Menschen in Verfolgung schätzen es, wenn sie wissen, dass namentlich für sie gebetet wird. Und machen Sie sich während dieser Woche einmal die Mühe, auch fremde Orte, nicht allein Gemeinderäume, zum Beten aufzusuchen! Wir haben Versammlungsfreiheit. Wie wäre es, ein Gebetstreffen vor dem Flüchtlingsheim oder (nachmittags) im Alten- und Pflegeheim zu organisieren? Dabei kann der Flüchtling, der als Fremder in unserem Land lebt, zu diesem Gebetstreffen dazu kommen. Oder im Pflegeheim lernen wir Christen kennen, die sich auf der letzten Wegstrecke ihres Glaubens hier auf dieser Erde befinden und der himmlischen Heimat entgegengehen. Sicher haben Sie noch mehr Ideen, um die Gebetszeiten lebendig und ansprechend zu gestalten. Und lassen Sie uns gern von diesen besonderen Gebetstreffen wissen!

In jeder Straße ein Gebetskreis

Das Gebet und die Gemeinschaft mit Jesus Christus eint uns. Das ist das Hauptanliegen der Evangelischen Allianz. Vor drei Jahren lernte ich auf einer Gebetsreise in einem muslimischen Land einen Bruder aus Indien kennen. Er erzählte mir von dem arabischen Land, in dem er seit vielen Jahren für eine Firma tätig ist. In diesem Land gibt es keine Religionsfreiheit. Er ist dort einer von über einer Million Gastarbeitern aus unterschiedlichen Ländern. Als Christ und Ausländer ist er dort im doppelten Sinne ein Fremder. Doch er ist nicht allein. Was er mir sagte, hat mich tief berührt: „In der Stadt, in der ich arbeite, gibt es in jeder Straße(!) einen Gebetskreis.“

Liebe Beterinnen und Beter, ich wünsche Ihnen, die Sie sich in dieser Woche zum Gebet aufmachen, dass sie im Glauben gestärkt werden und wir neue Geschwister kennenlernen, die mit uns unterwegs sind. Wegen der kalten Jahreszeit scheuen manche abends den Weg. Dann können Sie vielleicht jemanden anrufen, der Sie fahren kann. Oder Sie bilden eine Fahrgemeinschaft oder fahren mit dem Taxi. Auch wenn es Kraft und Überwindung kostet: Der Weg zum Gebet lohnt sich, auch an einem fremden Ort. Ich bete darum, dass in unseren Städten, Dörfern und Straßen neue Gebetskreise entstehen. Und dass wir Menschen einladen, sich mit uns auf den Weg mit Jesus zu begeben. Die Zahl der „Pilger und Fremden“ darf wachsen.

Jesus Christus segne Sie und setze Sie als Beter zum Segen für viele.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Detlef Garbers

Zum Autor

Detlef Garbers, Leiter des Arbeitskreises Gebet und Öffentlichkeitsreferent der Deutschen Missions-Gemeinschaft (DMG), Sinsheim.