02.11.2018

(M)eine Reise durch die Allianz-Welt

Michael Eggert, Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand, sammelt „Einblicke in die Schatzkammer Gottes“ (Teil 4 und Schluss)

Karlsruhe und Stuttgart
Im März bringe ich meine Tochter Ruth und drei weitere junge Leute zu einem Wochenendseminar zur Vorbereitung auf ein Auslandsjahr nach Karlsruhe. Eine Gelegenheit, die Zeit in der Region für Besuche zu nutzen. Zuerst suche ich das neue Domizil von Prof. Dr. Wolfgang Stock, dem Geschäftsführer des Verbandes Evangelischer Bekenntnisschulen (VEBS), in Remchingen auf. Ein richtiges Domizil wird es erst noch. Da Wolfgang kurzfristig absagt, zeigt mir seine Frau Oriana das alte Haus, das sie in knapp zwei Jahren sanieren wollen. Ich bin aufgrund meiner Erfahrungen mit der Sanierung von Pfarrhäusern in desolatem Zustand beeindruckt. Zwischenzeitlich residieren die Stocks auf dem Gelände in einem Wohnwagen, der aus einem einzigen Raum besteht. Mit Oriana und zwei Enkeln sitze ich am einzigen Tisch, werde beköstigt und erfahre, wie es sich mit zwei größeren Hunden und Katzen und deren speziellem Tagesablauf im Wohnwagen wohnt.
Am nächsten Tag treffe ich Dekan Ralf Albrecht in Nagold. Wir kennen uns lange, haben in den Neunzigerjahren einen Partnerkonvent gemeinsam erlebt, als er Pfarrer in Rielingshausen war. Er wirkt trotz vielfältiger Verantwortung sehr gelassen. Als Dekan muss er bis 2030 fünf Stellen auf dann 24,5 im Dekanat kürzen. Für seine Gemeinden
ist das eine große Herausforderung! Als Pfarrer aus dem Osten, der in seiner Gemeinde als der letzte nach der Reformation „das Licht im Pfarrhaus ausmachen musste“, kann ich das sehr gut nachvollziehen. Der Christustag zum Kirchentag, den Ralf leitet, hat sich gut entwickelt. Er berichtet von interessanten Schriftwechseln, bei denen eine Missionsabsicht ausdrücklich verneint werden muss. Wir fragen uns, ob Mission demnächst völlig aus dem Auftrag der EKD gestrichen wird. Ich danke Ihm für das Papier der Christusbewegung „Lebendige Gemeinde“ zum Umgang mit messianischen Juden aus dem Jahr 2017, das der Hauptvorstand der Evangelischen Allianz unterstützt hat.
Nach einem gemeinsamen Essen geht es nach Stuttgart, wo der Herzschlag der Evangelischen Allianz besonders deutlich spürbar ist – wenn man das Vorrecht hat, einen Termin bei und mit Hartmut Steeb zu bekommen. Im Wohnzimmer, der eher einem Gemeindesaal mit Sofas gleicht und in dem aufgrund der Familiengröße regelmäßig viele Leute zu Gast sind, sprechen wir über die Geschichte und Entwicklungen in der Allianz in den letzten Jahren, über das gerade als sehr verbindend und zukunftsträchtig erlebte Young Leaders Forum in Bad Blankenburg. Hartmut erzählt, dass in der Parterrewohnung zeitweise das Allianzbüro eingerichtet war, dann aber von seiner größer werdenden Familie genutzt wurde. Er zeigt mir aus einem Fenster seine Heimatkirche, die Hofacker-Gemeinde und den Sitz der Landesregierung. Auch hier in seiner Wohnung hat er also den vollen Überblick!
Am Abend bin ich bei Friedemann Meussling, dem Gründer der Christlichen Musikakademie, in Bietigheim-Bissingen. Wir haben vor 38 Jahren gemeinsam die Krankenpflegeausbildung in Elbingerode absolviert und uns vor drei Jahren in Bad Blankenburg wiedergetroffen. Ich lerne seine große Familie kennen. Wir lassen alte Zeiten aufleben und sprechen auch über Visionen für das Reich Gottes. Er arbeitet mit verschiedensten Musikern und Musikschulen zusammen und ermöglicht eine vielseitige Ausbildung für alle Bedürfnisse in Gemeinden. Ich erfahre, dass bei ihm Lobpreisleiter auch Arien singen müssen.
Am nächsten Tag erlebe ich den Gottesdienst im Gospel Forum Stuttgart. Als erstes läuft mir eine Familie über den Weg, die ich aus Erfurter Zeiten kenne und 24 Jahre nicht gesehen habe: Martin und Heike Schäfer arbeiten im Verein Stars4kids mit vielen bekannten Fußballern und Vereinen zusammen, um von Fußballern gegründete Kinderdörfer in Brasilien zu unterstützen. Der Gottesdienst beginnt. Nach dem Lobpreis betritt Peter Wenz die Bühne und füllt sie für gut eineinhalb Stunden mit Predigt und Gebeten aus. Was ich hier erlebe, ist sehr stimmig und authentisch. Ich fühle mich in die 2.000-Besucher-Gemeinde hineingenommen. Im Anschluss treffe ich Peter hinter der Bühne. Wir sprechen über das Young Leaders Forum und das, was Gott in unserem Land tun wird. Seine Gemeinde hat einen auch öffentlich sehr beachteten Ostergarten auf einem externen Gelände gestaltet. Nach einem weiteren Gespräch mit Gemeindegliedern bin ich beeindruckt, wie geerdet diese Gemeinde lebt.
Am Nachmittag treffe ich Harold Wild aus Gemmingen in einer von ihm gegründeten EFG-Tochtergemeinde in Kirchardt. Er zeigt mir den gerade fertiggestellten Umbau des ehemaligen Fabrikgebäudes für Plüschtiere. In den Räumen ist auch eine rumänische Gemeinde zu Gast, deren Mitglieder nach und nach zu ihrem Gottesdienst eintreffen.
Am Abend geht es auf die Schwäbische Alb. Maike Sachs ist Pastorin in St. Johann, ihr Mann Jürgen Pfarrer in Bad Urach. Als ich komme, übt Maike gerade Horn. Beim Abendessen sprechen wir über die Allianz, die Zukunft der Kirche, über Strukturen und junge Leiter. Ich erfahre, dass Maike sich auch im Missionswerk OM engagiert. Ihr Sohn spielt in Halle Fußball und steht im Halbfinale des Sachsen-Anhalt-Pokals gegen Magdeburg. Jürgen war früher Missionar in Albanien. Erst beim Abschied erfahre ich, dass sie heute ihren 30. Hochzeitstag feiern!
Für den nächsten Morgen habe ich einen Besuch in der Internationalen Hochschule Liebenzell vereinbart. Mit Kanzler Thomas Eisinger spreche ich über die junge Generation und die Zukunft von Kirche. Die Zeit der Akkreditierung von 2003-2010 war sehr herausfordernd, dann stand die Frage der Erweiterung der Bibelschule an. Eisinger führt mich durch das Gebäude und erzählt mir vom Wunder des Anbaus, mit neuen Räumen für Verwaltung, Bibliothek, Unterricht und einem großen Saal. Durch eine große Spende konnte dieser termingerecht fertiggestellt werden.
Bevor ich meine Kids in Karlsruhe wieder abhole, lasse ich es mir nicht nehmen, Prof. Dr. Wolfgang Stock im Büro der VEBS zu treffen. An einer Tafel vor der Tür ist mein Name als Gast notiert: Herzlich willkommen! Zu seinem Verband gehören momentan vorwiegend Grundschulen und Kindertagesstätten. Wir sprechen über Beziehungen zur Evangelischen Schulstiftung in Mitteldeutschland, über den kommenden Paradigmenwechsel in der Gemeinde Jesu vom Organisatorischen ins Organische und von Strukturen zu Beziehungen.
Wo liegt Hemer? Antwort: In der Nähe von SPRING! Nach dem Abschluss des diesjährigen GemeindeFerienFestivals fahre ich zu Gudrun Siebert. Ihr Mann ist Künstler und organisiert mit immer neuen Werken, von denen ich einige zu sehen bekomme, bei einem Künstlerverein in Iserlohn regelmäßig Ausstellungen. Sie erzählt, wie sie von Dr. Joachim Drechsel gefragt wurde, ob sie die Stelle in der Krankenhausseelsorge in Hemer annehmen möchte. Der Bibelspruch Johannes 14,6 am Eingang des Krankenhauses sprach dann zu ihr – und so kam sie aus Winsen/Luhe, wo sie Gemeinschaftspredigerin war, vor sieben Jahren hierher. Weil es mich als ehemaliger Krankenpfleger und Krankenhausseelsorger interessiert, zeigt sie mir die Lungenklinik, die zum Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband gehört. Ich sehe ein sehr modernes Krankenhaus mit einem atmosphärischen Kirchsaal und freue mich über die guten Arbeitsbedingungen, unter denen Gudrun vielen Menschen begegnen und gute Worte sagen kann.

Frankfurt – Reichelsheim – Volkach
Klaus Ulrich Ruof ist Leiter des Referats für Öffentlichkeitsarbeit in der Evangelisch-methodistischen Kirche. Ich betrete zunächst ein Altersheim, bevor ich ihn in der 4. Etage in der Kirchenkanzlei treffe, die vor einiger Zeit aus der Frankfurter Innenstadt in ein Haus des Diakonischen Werkes dieser Kirche verlegt wurde. Er präsentiert mir einige der ansprechenden Broschüren, die er für seine Kirche gestaltet hat und erzählt von einem T - Shirt mit dem gestalteten Wort „Methodist“, das unter den Jugendlichen ein Renner ist. Wir sprechen über eine großartige Erfahrung, die wir teilen: die Taufe eigener Kinder. Klaus Ulrich bringt mir, nicht zum ersten Mal, sehr viel Wertschätzung für meine Besuche bei den Mitgliedern des Hauptvorstandes entgegen.
Im Anschluss treffe ich Konstantin Mascher in Reichelsheim. Er ist seit sechs Jahren Prior der Offensive Junger Christen (OJC), die gerade ihr 50-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Etwa 100 Personen gehören dazu, darunter einige freie Mitarbeiter und zwölf Personen im FSJ. Vor Ort gibt es eine gute ökumenische Gemeinschaft, Freundestage und täglich an vier Orten ein Mittagsgebet, unter anderem im Schloss des Dorfes, das die Gemeinschaft übernommen hat. Jeder in der Gemeinschaft hat einen Seelsorger, der nicht vor Ort ist. Konstantins Kinder genießen es, spontan bei anderen in der Gemeinschaft zu übernachten. Zum Abschied schenkt mir Konstantin eine Flasche selbstgebrautes Bier, das von einem Brauseminar stammt, zu dem er Männer einlädt. Ich bin erstaunt, wie sich die Kunst des Brauens mit der guten Nachricht verbinden lässt.
Nach zwei Stunden Fahrt treffe ich Andreas Wenzel in Volkach. Er ist sehr viel in Europa und darüber hinaus unterwegs, vertritt die Deutsche bei der Europäischen Evangelischen Allianz. In wenigen Monaten wird er in den Raum Stuttgart umziehen. Das liegt näher an der Schweiz, woher seine Frau und eine Schwiegertochter stammen. Andreas stammt aus Lemgo in Westfalen, hat Kirchenmusik studiert und kann beeindruckende acht Instrumente spielen. Er hat mit verschiedenen Musikern CDs gemacht und ist für das christliche Kinder- und Jugendwerk Wort des Lebens unterwegs. Andreas schreibt an seiner Doktorarbeit, in der es darum geht, kulturell unterschiedliche Menschen für Gemeinden und Werke zusammenzubringen.

Heimfahrt

Nach (m)einer langen Reise fahre ich heim und denke: Wie reich bin ich! Alle Personen, die ich besucht habe, sind wie ein Teil von mir. Durch sie fühle ich mich auch mit allen verbunden, denen sie dienen. Der Leib Christi ist einfach phänomenal! Und es gibt noch so viel Reichtum zu entdecken, für uns alle. Öffnen wir unsere Augen und Herzen dafür!