Serie: Zeitzeugen der evangelischen Allianz

Peter Strauch: Verantwortung übernehmen

Suchet der Stadt Bestes!

Vortrag von Peter Strauch auf einer Tagung der Deutschen Evangelische Allianz und Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin, 2006

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts war er Vorsitzender der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD), von 2000 bis 2006: Peter Strauch. Und noch immer ist der inzwischen 78-jährige frühere Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (FeG) ein gefragter Redner. Aber die Allianzveranstaltungen liegen ihm besonders am Herzen. „Im Himmel werden wir sowieso zusammen sein“, begründet er seine Haltung. „Menschen, die wirklich an Jesus glauben, sollten nicht erst im Himmel, sondern schon wesentlich geprägt wurde. Laubach war nicht nur sein Dozent, sondern später auch sein Vorgesetzter an seiner ersten Pastorenstelle, in Hamburg. Und als Vorsitzender der EAD holte er Peter Strauch 1986 in den Hauptvorstand.
In den Jahren 2000 bis 2006 übernahm Peter Strauch dann selbst den Vorsitz der EAD, nachdem er vorher als zweiter Vorsitzender neben Rolf Hille fungiert hatte. Gemeinsam mit ihm und Hartmut Steeb war er an den entscheidenden Gesprächen für die Kasseler Erklärung 1996 beteiligt. „Das war eine spannende Zeit“, erinnert er sich. Evangelische Allianz und die pfingstlichen oder charismatischen Gemeinden wirkten bis da-hin streng getrennt voneinander. Durch den Lausanner Kongress 1974 und die daraus entstandene Lausanner Bewegung hatten sich im internationalen Bereich aber viele Begegnungen ergeben. Nun galt es, die Kluft zu überwinden, ohne die theologischen Grundlagen aufzuweichen. Viele offene Gespräche waren nötig, bis die Erklärung zwischen dem Haupt-vorstand der DEA und dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden unterzeichnet werden konnte. Doch die Vereinbarung musste auch der Basis vermittelt werden. „Es genügt nicht, dass ein Leitungsgremium Beschlüsse fasst. Man muss dann auch vor Ort sein, zuhören und immer wieder Vertrauen schaffen“, schildert Peter Strauch eine wesentliche Aufgabe seiner Amtszeit als Vorsitzender.

Eine Aufgabe in der Gesellschaft
Persönlich liegt ihm auch der gesellschafts-politische Bereich am Herzen. Bei einem Vortrag bei der Tagung „Christ und Politik“ 2006 in Berlin bemerkte er, dass es junge aufgeschlossene Evangelikale gibt, die sich politisch engagieren wollten, aber nicht wussten wie, oder aber in ihren christlichen Gemein-schaften und Gemeinden nicht verstanden wurden. Strauch zitierte den anglikanischen Theologen John Stott: „Die Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern ist angenehmer als der Dienst an einer gleichgültigen oder sogar feindlichen Umwelt.“*
Darum war es Peter Strauch wichtig, dass die EAD auch in Berlin am Regierungssitz ver-treten ist und sich zu wichtigen politischen Themen äußert. Diese Themen hatten bereits im 19. Jahrhundert in den ersten Konferenzen der internationalen Evangelischen Allianz eine wichtige Rolle gespielt, waren da-nach aber eine Zeitlang aus dem Blick geraten. „Wir sollen uns diesen Themen öffnen und fragen: Was ist unsere Aufgabe in der Gesellschaft? – allerdings ohne das Zentrum, den Glauben an Jesus Christus und die Weitergabe seines Evangeliums, zu vernachlässigen. Dazu gehören auch Verlautbarungen im politischen Bereich, denn wir leben nicht auf einer Insel“, sagt er. „In einer demokratischen Gesellschaft tragen wir immer auch Mitverantwortung.“
Mit Interesse verfolgt Strauch die Arbeit von Uwe Heimowski als Vertreter der EAD am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Und er freut sich über Menschen wie Frank Heinrich, die als Bundestagsabgeordnete einen wichtigen Dienst übernommen haben. Wichtig sei es, dass diese Erfahrungen auch in den Gemeinden vor Ort ankommen und umgekehrt die Ortsallianzen die Arbeit der politisch Aktiven betend unter-stützen.
Peter Strauch beobachtet, dass sich vieles geändert hat. Er sieht, dass sich Gemeinden jetzt häufiger darum kümmern, was in der Gesellschaft geschieht. Besonders wurde das 2015 sichtbar, als hunderttausende Menschen Zuflucht in Deutschland suchten. Viele Gemeinden haben sich damals engagiert, Kinder betreut, Sprachkurse angeboten und Geflüchtete begleitet. Zwei Seiten gilt es dabei im Blick zu behalten, findet Strauch. Es sei gut, dass Gemein-den über die eigene Kirche hinaus Verantwortung übernehmen, auch im gesellschaftspolitischen Bereich. Andererseits gelte es, sich nicht so weit anzupassen, dass man Kirche mit ihrer Kernkompetenz nicht mehr wahr-nimmt. Bei allem Einsatz muss das Evangeli-um zum Tragen kommen, im Wort und in der Tat. Für sich selbst sieht Peter Strauch es so: Er habe heftige politische Angriffe von „links“, aber auch von „rechts“ erlebt. „Solange die Angriffe von beiden Seiten kommen, stehe ich richtig“, habe er sich damals gesagt.
DNA: Gemeinschaft der Glaubenden
Als Vorsitzender der EAD und als Präses der FeG hat er immer wieder erlebt, dass unter-schiedliche Menschen mit unterschiedlichen Frömmigkeitsstilen zusammenfinden, weil Jesus ihr gemeinsamer Herr und Retter ist. Auf dieser Ebene wachsen Vertrauen und Gemeinschaft. Selbst wenn manches in evangelikal geprägten Kirchen und Gemeinden für andere fremd und ungewohnt sein mag, was ja auch umgekehrt gilt: In Christus ist Einheit. Das ist für Peter Strauch das Besondere an der Evangelischen Allianz: Sie ist keine Kirchengemeinschaft, sondern Gemeinschaft der Glaubenden. Dies ist nach seiner Überzeugung ihre eigentliche DNA. Verbindliches Leben in den Kirchen, Gemeinden und Gemein-schaften ist ihm durchaus wichtig. Aber er ist überzeugt: Das Anliegen der Evangelischen Allianz geht darüber hinaus. „Ich bitte aber nicht allein für meine Jünger, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien“: So betet Jesus in Johannes 17. Diese Einheit macht nicht an Kirchengrenzen halt. Sie gilt für die ganze Gemeinde von Jesus Christus, weit über alle nationalen, sozialen, geschlechtsspezifischen und eben auch kirchlichen Begrenzungen hinaus.
Die wesentliche Frage ist für Peter Strauch: Bleiben wir „in Christus“? Christliche Werke und Organisationen können sterben, wenn sie nicht in den Bahnen ihrer Berufung bleiben. Es gibt in der Kirchengeschichte viele Beispiele dafür. Andererseits ist ihre Lebendigkeit keine Frage des Alters. Auch für die Evangelische Allianz gilt, was Jesus seinen Jüngern sagt: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
(* John Stott, Christsein in den Brennpunkten unserer Zeit 1984)

Der Vortrag von Peter Strauch zum Thema „Suchet der Stadt Bestes“ von der Allianz-Tagung Christ und Politik (2006) ist eine konzentrierte Zusammenfassung zum Thema aus biblischer und geschichtlicher Sicht. Er kann zugeschickt werden

Die Autorin Margitta Rosenbaum gehört zum Redaktionskreis des EiNS-Magazins und zum Arbeitskreis „Frauen“ der Evangelischen Allianz in Deutschland