Luthers Bierkrug

Die methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner: Gedanken über „meine Reformation“

Kürzlich war ich zu einer Tagung der Evangelisch-methodistischen Kirche in den USA. Ein anderer Teilnehmer, der aus Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota stammt, zeigte mir ein Foto des Bierkruges von Martin Luther, den er bei einer Ausstellung zu 500 Jahre Reformationsgeschichte in seiner Heimatstadt gesehen hatte. Wir kamen darüber ins Gespräch, wie Luther die methodistische Bewegung beeinflusst hat. Am 24. Mai 1738 besuchte unser Kirchengründer John Wesley eine Versammlung der Herrnhuter Brüdergemeine in der Aldersgate Street in London. Dort wurde die Vorrede Luthers zum Römerbrief gelesen.

Was wir heute als Kern der Rechtfertigungsbotschaft ansehen, lautet im Originalton so: „Glaube ist ein göttliches Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert aus Gott und den alten Adam tötet, aus uns ganz andere Menschen in Herz, Gemüt, Sinn und allen Kräften macht und den heiligen Geist mit sich bringt. O es ist ein lebendig, geschäftig, tätig, mächtig Ding um den Glauben, dass es unmöglich ist, dass er nicht ohn Unterlass Gutes wirken sollte. Er fragt auch nicht, ob gute Werke zu tun sind, sondern ehe man fragt, hat er sie getan, und er ist immer im Tun.“ Als anglikanischer Geistlicher praktizierte John Wesley einen christlichen Lebensstil und setzte sich für soziale Gerechtigkeit ein. Er war aber auf der Suche nach einem gewissen Glauben, der Halt im Leben und im Sterben gibt.

Hier wurde Wesley durch Luthers Worte angesprochen. In seinem Tagebuch schrieb er später: „Ungefähr viertel vor neun Uhr, als man an der Stelle war, wo er die Veränderung beschreibt, welche Gott durch den Glauben an Christus im Herzen wirkt, wurde es mir seltsam warm ums Herz. Ich fühlte, dass ich 

für die Erlösung auf Christus vertraute, auf Christus allein, und eine Gewissheit wurde mir gegeben, dass er meine Sünde weggenommen hat, sogar meine, und mich rettete von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ Schon vor dieser Erfahrung hatte Wesley geglaubt, dass Christus uns aus Gnaden rettet, wie es die Heilige Schrift bezeugt und dass der Glaube genügt. Jetzt ging ihm dies zu Herzen, so dass er gewisser und überzeugender aus dem Evangelium leben und es weitergeben konnte. Werke blieben für Wesley auch nach dieser Erfahrung wichtig. Er lehrte uns, dass Glaube in der Liebe tätig werden will. Doch die Werke sind Folgen des Heils und nicht Bedingungen.

Dass Glauben zu Herzen geht und Hände und Füße bekommt, um die Welt zu verändern, ist Methodisten bis heute wichtig. Unsere Reformation besteht in engagiertem missionarischen Wirken und dem Einsatz mit den Armen für eine gerechtere Welt. Da bleibt viel zu tun, auch in dem Land der Reformation, das Missionsland ist. In unserem Eifer dürfen wir uns dann auch manchmal an Luthers Bierkrug erinnern lassen. Gottes Wort wirkt, auch wenn wir ruhen. Und alles, was wir weitergeben, empfangen wir von Gott. 

Rosemarie Wenner

Zur Autorin

Rosemarie Wenner ist Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland.