24.05.2021

In Sachen Allianz: Über die Grenzen seiner Tradition

Eine biblische Gemeinde-Betrachtung von Andreas Malessa

Wer hat denn den bestellt?! – oder: Leute gibt‘s, das gibt‘s gar nicht …

Wie Potsdam zu Zeiten von Willem Zwo: Eine Stadt im Kaiserkult. „Cäsarea“ eben. Militär und Marschmusik. Einer der fünf hier stationierten Kohortenführer, Kornelius, hat allerdings ein komisches Hobby: Er spendet, betet und mag Juden (Kap 10 Vers 2). Als er  Freunde und Verwandte zusammenruft“ (Vers 24b), ist die High Society beisammen. Gerade will man die Weinkelche auf den Kaiser erheben, da kommt ein stillos gekleideter Fischer aus Jaffa rein (What??) und Kornelius „fällt vor ihm nieder“ wie bei einem  Staatsempfang mit militärischen Ehren (Vers 25)! Dem Hausdiener fällt schier die Amphore aus der Hand. Dass der Fremde „auch nur ein Mensch“ (Vers 26) und kein Halbgott ist, merken alle, als er den Mund zur Begrüßung aufmacht: „Eigentlich darf ich gar nicht hier sein, ihr Unreinen, ihr Ungläubigen!“ (Vers 28a) Na super. Frau Kornelia kriegt nervöse Flecken im Dekolleté. Aber der Gastgeber rettet die Situation, indem er erklärt, ein Engel Gottes habe ihm befohlen, diesen ominösen Petrus herzuholen. Jetzt fällt der aus allen Wolken: „Ach so? Aha? Gott liebt ohne Ansehen der Person, in jedem Volk?“ (Vers 34 – 37).

Sternstunde der Menschheit
Und dann erzählt Petrus, dass Jesus Wunder getan habe, für die Schuld der Menschen gestorben sei, auferstanden ist und der jenseitige Richter aller Menschen sein wird (Verse 37 – 43). Ein kleiner Handwerker sagt vor ordenbehängten Militärs in der Garnisonsstadt Caesarea: Ihr habt ihn umgebracht, Gott hat ihn auferweckt, Er und nur er ist Herr! Eine „Sternstunde der Menschheit“, würde Stefan Zweig sagen. Ab diesem Moment nämlich ist der Glaube an Christus keine spirituelle Variante innerhalb des Judentums mehr, sondern eine transkulturelle Weltreligion. Gottes Geist erfasst auch „unreine“ Römer (Vers 44). Der stramm jüdisch gläubige Petrus überschreitet die Grenzen seiner Tradition. Aus dem Gala-Empfang wird ein Taufgottesdienst.

Der Theologe und Journalist Andreas Malessa hat ein neues Buch geschrieben – in dem er 111 Bibeltexte erläutert, „die man kennen muss“. „Jeder kommt darin vor“, ist Malessa überzeugt. Frauen und Männer aller Kulturen, sozialen Schichten und aller Zeiten können sich in den Personen, Ereignissen und Überlegungen der Bibel wiederfinden. Weil es sich um Texte handelt, denen nichts Menschliches fremd ist. Dazu zählen auch (zukunftsweisende) Gemeinde-Gedanken.

© Foto: Rahel Täubert

2021/2 EiNS-Magazin

Eine neue Gestalt von Kirche?
Wie Evangelische Allianz und Gemeinden zukunftsfähig bleiben

Weiter zum Warenkorb