01.01.2017

Hans-Hermann Pompe: Solus Christus

– oder: Gott gerne, aber wozu Christus? (EiNS-Ausgabe 1/2017)

Als ich Mitte der Siebzigerjahre studierte, war Gott nur für wenige eine Option, aber Jesus war für viele interessant, auch für Atheisten. Das hat sich geändert: Inzwischen gibt es ein breites Interesse an Gotteserfahrung. „Gott“ kann aber alles Mögliche bedeuten – von einem Gefühl über eine unpersönliche Energie bis zu einem alle Religionen vereinnahmenden Über-Gott ist alles im Angebot. „Allein Christus“ wirkt da überflüssig, ja störend für Dialoge und Verständigung. Warum ist der Reformation die Konzentration allein auf Christus (solus Christus) so entscheidend gewesen?

An Christus hängt Gottes Erkennbarkeit: Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes, sagt Paulus (Kol 1,15). In ihm sehen, hören, erkennen wir, wie Gott wirklich ist. An Christus vorbei bleibt jedes Gottesbild unklar. „Wo Christus auch immer ist, da ist Licht.“ (Luther)

An Christus hängt Gottes Liebe: Christus ist die menschgewordene Liebe, ohne ihn wüssten wir nicht, wie Gott zu uns steht. Gott könnte Richter, Schicksal, höhere Macht, Despot ohne jedes Interesse an uns sein. Dass er die Welt so sehr liebt, dürfen wir glauben, weil er Jesus zu uns sandte (Joh 3,16). „Durch den Glauben ist Christus in uns, ja eins mit uns.“ (Luther)

An Christus hängt Gottes Zuwendung: Wer den Sohn hat, hat das Leben, staunt Johannes (1. Joh 5,12) – gegen Sünde, Tod und Teufel steht er an unserer Seite und spricht uns die Gnade Gottes zu. „Christus ist ein fester Grund der Seligkeit und ein unüberwindlicher Felsen allen, die an ihn glauben.“ (Luther)

Seit einigen Jahren bin ich mit skeptischen und zweifelnden Männern unterwegs auf einer geistlichen Reise. Wir besprechen Fragen zum Glauben, wir prüfen gemeinsam, wie man zu Gott findet. Sie merken: Gott ist möglich, ihm beginnen sie zu glauben, aber warum braucht es dazu (noch) Jesus? Wir bleiben dran – an Jesu Leben und Worten, an Kreuz, Auferstehung und Wiederkehr, weil wir ohne Jesus immer nur bei unseren Gottesgedanken blieben. Ich bin gewiss: Christus wird sich selber als Gott für uns zeigen.

Hans-Hermann Pompe

Zum Autor

Pfarrer Hans-Hermann Pompe, Leiter des EKD-Zentrums für Mission in der Region (www.zmir.de); bietet bei SPRING ein neues Bibelarbeitsmodell „interaktiv“ an.

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