Soli deo gloria
„Meine Reformation“: Ansgar Hörsting, Präsident der Vereinigung Evangelikaler Freikirchen
Seit geraumer Zeit kreuzen Fragen zur Reformation meinen Weg, die meist so oder ähnlich klingen: Welche Bedeutung hat die Reformation heute? Für dich persönlich? Für Deutschland? Für die Kirche? Für die Freien evangelischen Gemeinden (zu denen ich gehöre)? Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich so alles dazu geschrieben habe.
Denn erstens hat die Reformation so viele Aspekte, Martin-Luther-Zitate können für so vieles herangezogen werden, dass es ein kaum versiegender Quell von Inspiration ist. Man fi ndet immer etwas, das auch heute reformierende Kraft hat.
Und zweitens: Was mich aus diesem Quell anspricht, hat ein wenig mit meinen aktuellen Ereignissen und Stimmungen zu tun. Es drängt sich ein Verdacht auf: Was ich dann als die „Quintessenz“ der Reformation für heute unterstreiche, hat manchmal mehr mit dem eigenen Leben zu tun als mit den Anliegen der Reformation.
Gibt es trotzdem etwas, das bei mir haften bleibt? Ja, ich wag es mal.
1. Ich bin überzeugt, es braucht auch heute die Reformation der Herzen, die sich allein an Jesus Christus hängen. Egal welcher Kirche wir angehören: Es steht und fällt alles mit der Person, Liebe, Autorität und Einzigartigkeit von Jesus Christus. Die Reformation hat ihn in den Mittelpunkt gestellt. Das bleibt ihr Verdienst und das gilt es zu betonen. Solus Christus.
2. Je nachdem, was mir so an theologischen Sonderheiten begegnet, betone ich danach aber auch das „sola scriptura“, denn ich bin überrascht, mit welcher Leichtfertigkeit manche evangelischen Christen über die Aussagen der Bibel hinweggehen und das Zitieren von Schriftstellen meines Erachtens zu schnell als biblizistisch vom Tisch wischen. Ich sage dagegen: Woher weiß ich denn von Jesus Christus, wenn er der Mittelpunkt ist? Allein durch die Schrift. Sie ist und bleibt mir heilig! Sola scriptura.
3. Neben den vier nun doch inzwischen sehr bekannten Soli (zwei davon habe ich ja schon genannt) wird manchmal ein fünftes genannt: Soli deo gloria. Ich bin der Überzeugung, dass wir dieses Motto sehr brauchen. Warum? Weil es „uns“ (dem modernen Menschen / dem Menschen, der nur glaubt, was ihm auch in seine Vernunft passt / dem, der bei sich selbst bleibt und in sich gefangen ist) sehr gut tut, auch wenn dieses Motto unsere Selbstbestimmung aushebelt! Alles zur Ehre Gottes, das ist anspruchsvolle, befreiende und Orientierung gebende Botschaft.
4. Als Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) haben wir ein Wort zum Reformationsjubiläum veröffentlicht. Darin haben wir das Spezialthema der Freikirchen besonders in den Mittelpunkt gestellt, den Glauben. Sola fi de. Das ist, was wir verkünden, womit wir rechnen und was der Heilige Geist wachruft. Es ist ein Glaube, der einen Grund hat (siehe oben). Ich bin ein Fan davon, so zu predigen, zu überzeugen und darum zu ringen, damit Menschen glauben! Denn erst dann entwickelt das Evangelium seine ganze Kraft.
5. Und das alles ist Gnade, Geschenk. Das macht frei und unglaublich Spaß. Sola gratia.
Deswegen hier meine letzte Erkenntnis zum Thema Reformation: Bei aller Ernsthaftigkeit und staatstragenden Bedeutung – echte Reformation macht Spaß.
Ansgar Hörsting
Zum Autor
Ansgar Hörsting ist Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) und Mitglied des Hauptvorstandes der Deutschen Evangelischen Allianz.