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GRATIS-HILFE – FÜR ALLE
Meine außergewöhnliche „Urlaubs“-Woche mit Muskelkater
Von Frieder Trommer
E s begann mit einem Gedankenblitz – oder war es ein Gedanke Gottes nachts im Bett, als ich überlegte, was ich im Urlaub mache, wenn meine Frau fünf Tage verreist ist? Vielleicht etwas Sinnvolles für andere? Mit Hilfsbereitschaft anderen „gratis Hilfe“ anbieten, rund um Marburg und Gießen? Vielleicht käme Gottes Güte und Wort mit so einer „extra Portion Liebe“ leichter bei den Menschen an ... Für 40 Euro habe ich dann in drei Zeitungen eine Anzeige geschaltet. In kurzer Zeit meldeten sich 15 Personen. Telefonisch wurde ich zu meiner Motivation befragt, Termine vereinbart. Dann ging es los: Bei Ehepaar M. in Stadtallendorf, bei Omas und Witwen, Familien und Alleinlebenden, bis nach Frankfurt. Hecken schneiden, Decken streichen, Böden schleifen, Dächer decken und Pflanzen setzen. Der Schweiß lief – und es wurde die schönste Urlaubswoche meines Lebens. Meist suchten ältere, kranke Menschen Hilfe, oder solche, bei denen der Lebenspartner fehlt. Gut war es, dass ich Zeit zum Zuhören und für Gespräche hatte. Auch Hörbereitschaft ist Hilfsbereitschaft. Erholungsphasen ergaben sich automatisch, weil alle „Auftraggeber“ gern für das leibliche Wohl sorgten. Und die Sonntags-Ruhe war nach den Tagen intensiver Arbeit entspannend für meinen Muskelkater. Besonders beeindruckten mich die Offenheit und das Vertrauen der Menschen, schon nach kurzer Zeit. Sie ließen mich unbeobachtet im Haus, vertrauten mir Werkzeuge und Maschinen an und erzählten von schönen und traurigen Erfahrungen ihres Lebens. Manche zeigten mir auf ihrem Notebook Familienfotos, andere wollten mehr über meine Familie und Arbeit erfahren. Viel Einsamkeit und Hilflosigkeit, Sorgen und Ängste kamen in dieser kurzen Zeit zum Ausdruck. Eine nachhaltige Erfahrung war mein letzter Einsatz, in Frankfurt. Der Bruder einer älteren Frau hatte dort ein Haus und war verstorben. Nun war sie dafür verantwortlich – und wusste nicht, wie sie den ungepflegten Garten auf Vordermann bringen sollte. Als ich ankam, war plötzlich ihr Sohn dabei – er konnte seine alte Mutter doch nicht mit einem Unbekannten arbeiten lassen! Dann fanden sich auch die Mieter der oberen Wohnung im Garten ein und wollten helfen – schließlich würden sie auch davon profitieren! Im Laufe des Nachmittags kamen zwei Nachbarinnen vorbei und wollten „überprüfen“, was meine ältere Auftraggeberin ihnen vor einigen Tagen erzählt hatte. Es wäre unglaublich, dass heute jemand gratis einem anderen helfen wolle! Die Arbeit im Team machte richtig Spaß – vor allem auch, als am Abend die Blumen gepflanzt, die Löcher mit Erde und Samen gefüllt und die Hecke geschnitten waren.
Christsein zum Anfassen
Im Büro wurde ich immer wieder gefragt, ob mein Urlaub erholsam gewesen wäre. „Ja, aber …“, setzte ich an – und berichtete dann von meiner außergewöhnlichen Woche. Meine Erfahrung aus dieser Woche ist: Alle Einsätze haben bei den Auftraggebern wie bei mir ein Glücksgefühl geschaffen und zu wertvollen Gesprächen geführt. Das Ganze ist letztlich Christsein zum Anfassen. In der Zwischenzeit hat Kerstin eine Arbeit gefunden. Frau N. hat meine Frau und mich zum Abendessen in ein Restaurant eingeladen. Familie M. hatte Diamantene Hochzeit – zu der ich ihnen gerne gratuliert habe. Ehepaar G. habe ich noch den Rasen gemäht und auf Wunsch eine Auswahl unserer Marburger Medien gebracht. Familie N. werde ich in der nächsten Woche bei der Renovierung der Küche helfen. Ich ahne und hoffe, dass manche Kontakte nicht ganz abreißen werden und vielleicht manche diese Idee so gut finden, dass sie ähnliches tun! Die Deutsche Evangelische Allianz hat das als ein Projekt für Gemeinden beschlossen und möchte ab nächstem Jahr andere zur Nachahmung gewinnen (www. GratisHilfe.org). Nicht nur bei solch praktischen Arbeiten, auch beim Einkaufen, bei Behördengängen, Hausaufgaben oder einem kleinen Ausflug können wir Menschen Gutes tun und sagen und damit unser Christsein leben.
Zum Autor
Frieder Trommer ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Marburger Medien