Damit aus Fremden Freunde werden
Die Arbeit der „Hoffnungshäuser“: Hoffnung und Perspektive
Menschen Hoffnung zu geben und eine Perspektive zu bieten: Das ist das Anliegen der Hoffnungsträger Stiftung. In Deutschland setzt sich die 2013 gegründete Stiftung deshalb u.a. für die Integration von geflüchteten und sozial benachteiligten Menschen ein.
Dies geschieht vor allem durch den Bau und die inhaltliche Arbeit in den Hoffnungshäusern, einem integrativen Wohnkonzept, bei dem geflüchtete und einheimische Menschen gemeinsam unter einem Dach leben: Familien, Paare, Alleinstehende, Studierende und Auszubildende.
Mit anderen Worten: Es geht darum, dass geflüchtete und sozial benachteiligte Menschen nicht am Rande leben, sondern Teil unserer Gesellschaft werden. Es geht darum, dass Integration gelingt. Es geht darum, dass aus Fremden Freunde werden.
In den derzeit neun Hoffnungshäusern werden geflüchtete und sozial benachteiligte Menschen auf dem Weg in ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben begleitet. Das Angebot für integratives Wohnen ist deshalb auch eingebettet in ein breites lokales Netzwerk ehrenamtlichen Engagements. Es trägt dazu bei, dass diese Menschen bald oder bald wieder ein eigenständiges Leben führen können.
Bei einem Hoffnungshaus geht es nicht um eine Unterbringung, sondern um privates Wohnen. Die Bewohnerinnen und Bewohner leben hier als Mieterinnen und Mieter; ein Großteil der Wohnungen wird an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermietet. Familien leben in einer in sich abgeschlossenen Wohnung, Alleinstehende ebenfalls oder in jeweils einem Zimmer in einer geschlechtergetrennten Wohngemeinschaft.
Ihr Leben teilen die Bewohnerinnen und Bewohner in privaten Räumen sowie in den Gemeinschaftsflächen des Hoffnungshauses. Das integrative Wohnkonzept und seine Angebote sind auch offen für andere Menschen, die außerhalb des Hoffnungshauses oder Hoffnungsortes leben. An jedem der momentan vier Standorte sind die Hoffnungsträger durch ein Leiterehepaar vertreten, das mit seiner Familie ebenfalls in einem der Häuser wohnt, für die Bewohnerinnen und Bewohnern ansprechbar ist und gemeinsam mit ihnen das Zusammenleben gestaltet.
Hoffnung kann ein Leben verändern
In einem Hoffnungshaus leben die Menschen miteinander und nicht nebeneinander her. Dies geschieht nicht nur durch gegenseitige Hilfe bei Behördengängen, bei der Arbeitssuche, im Haushalt und mit den Kindern. Sondern an jedem Hoffnungshaus-Standort gibt es auch Gemeinschaftsräume, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner zusammenkommen können.
Wer ein Hoffnungshaus betritt und eine der Bewohnerinnen oder einen der Bewohner besucht, dem fallen zunächst die sehr markanten Sprüche im Treppenhaus auf: „Hoffnungsvoll wohnen“, „Hier werden Fremde zu Freunden“ und „Ein Haus voller Hoffnung“. Aber das ist längst nicht alles: Sobald man angekommen ist, spürt man die besondere Atmosphäre im Hoffnungshaus.
Schnell merkt man, dass hier zwar jeder seine Privatsphäre hat und sich zurückziehen kann. Dass die Menschen hier aber vor allem gemeinsam, miteinander leben. Und: Dass die Bewohnerinnen und Bewohner hier zusammenkommen, dass sie die Gemeinschaft miteinander genießen. Dass sie dadurch Hoffnung für ihr weiteres Leben bekommen. Dass hier Nächstenliebe, Gastfreundschaft und Zuvorkommenheit großgeschrieben werden. Mit anderen Worten: Hier merkt man, dass Hoffnung ein Leben verändern kann.
Vom Luftfahrtingenieur zum Hoffnungshausleiter
Cathrin und Matthias Seitz leiten die beiden Hoffnungshäuser in Leonberg. Die Entscheidung, Leiter des integrativen Wohnkonzepts zu werden, war für sie als Paar ein großer Schritt.
Zuletzt lebten Cathrin und Matthias in Ludwigsburg, bis sie Ende 2017 vor die Frage gestellt wurden, ob sie sich vorstellen könnten, ein Hoffnungshaus zu leiten. Cathrin Seitz war zu diesem Zeitpunkt schon bei der Stiftung angestellt und betreute als Sozialarbeiterin die Hoffnungshausbewohner. Matthias war Luft- und Raumfahrtingenieur bei einem mittelständischen Unternehmen.
Was war der ausschlaggebende Punkt, sich letztendlich gegen den Ingenieursberuf und für den des Standortleiters zu entscheiden? Cathrin und Matthias sind sich einig: „Die Initialzündung war: Da gibt es Leute, die trauen dir diesen Job zu! Die haben dich nur an ein paar Bewohnerabenden im Hoffnungshaus erlebt, aber sie vertrauen darauf, dass du es draufhast, mit Menschen zu arbeiten.“
Das Ehepaar hat sich die Frage gestellt: „Wie würden wir darüber denken, wenn wir 70 oder 80 Jahre alt sind und auf unser Leben zurückblicken? Welche Geschichten würden wir uns erzählen?” Das habe sehr dabei geholfen, dass sich Matthias entschieden hat, seinen sicheren und gut bezahlten Job aufzugeben. „Wir waren uns zu 100 Prozent sicher, dass wir es bereuen würden, wenn wir es nicht machen“, bestätigt Matthias.
Ihn berühren im Hoffnungshaus vor allem die Kinder und Biografien. Matthias hat den Eindruck, sie auf ihrem Weg ein Stück begleiten zu können: „Manche Eltern haben in ihrem Leben alles verloren, mussten fliehen und haben viel geopfert. Doch ihre Kinder haben alle Chancen in einem friedlichen Land, wie wir es haben. Mein Traum ist: Ich sitze mit 70 Jahren im Sessel, schaue Nachrichten und die Sprecherin oder der Sprecher ist ein ehemaliges Kind aus dem Hoffnungshaus, mit dem ich einst im Garten gekickt habe.“
Häuser voller Hoffnung
Leonberg
Die beiden Hoffnungshäuser in Leonberg bestehen seit 2016 und verfügen über 19 Wohnungen. Neben den Standortleitern Cathrin und Matthias Seitz wohnen in Leonberg Menschen aus Afghanistan, den Arabischen Emiraten, aus Chile, Deutschland, dem Irak, dem Kosovo, aus Nigeria und Syrien.
Esslingen
In Esslingen gibt es an zwei Standorten jeweils zwei Hoffnungshäuser mit insgesamt 25 Wohnungen. Seit der Eröffnung im Jahr 2017 arbeiten die Standortleiter Lauranne und Joachim Lukas in einer Kooperation mit dem CVJM Esslingen. Sie wohnen zusammen mit Menschen aus Afghanistan, Deutschland, Eritrea, Frankreich, Georgien, Ghana, dem Iran, dem Irak, aus Nigeria, Pakistan, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Syrien, Togo und der Türkei.
Bad Liebenzell
Die beiden Hoffnungshäuser mit insgesamt elf Wohnungen werden seit 2018 in Kooperation mit der Liebenzeller Mission und durch die Standortleiter Sarah und Tobias Zinser betreut. Die Bewohnerinnen und Bewohner kommen aus Afghanistan, Äthiopien, Deutschland, dem Irak, aus Pakistan, Somalia und Syrien.
Sinsheim
Seit September 2019 gibt es das Hoffnungshaus in Sinsheim, in dem sich ebenfalls elf Wohnungen befinden. Die Standortleiter Hertha und Thomas Ganz arbeiten in Kooperation mit dem Sinsheimer Arbeitsgemeinschaft Migration e.V. (SAM) und betreuen Menschen aus Afghanistan, Deutschland, Eritrea, Gambia, Guinea und Nigeria.
Die Hoffnung geht weiter
Ende 2019 waren es neun Hoffnungshäuser in vier Kommunen, ab Herbst 2020 soll es 15 Hoffnungshäuser in sechs Kommunen geben. Die für 2020 geplanten Standorte sind:
Schwäbisch Gmünd
Ab Ende 2020 wird es auch in Schwäbisch Gmünd vier Hoffnungshäuser mit insgesamt 25 Wohnungen geben. Denise und Martin Schechinger werden den Standort leiten. Zusätzlich entstehen dort für Seniorinnen und Senioren zwei weitere Gebäude mit insgesamt 21 Wohneinheiten.
Straubenhardt
Ebenfalls ab Ende 2020 werden in Straubenhardt, genauer: im Teilort Conweiler, zwei Hoffnungshäuser mit insgesamt 13 Wohnungen eröffnet. Standortleiter werden Katharina und Christoph Flassak sein.
Bis 2022 soll es an fünf weiteren und damit an insgesamt elf Standorten 20 Hoffnungshäuser geben, in denen über 700 geflüchtete und einheimische Menschen miteinander leben werden (Info: www.hoffnungstraeger.de).
Zum Autor
Der Autor, Hubert Kogel, ist Pressesprecher der Hoffnungsträger Stiftung.